Am Ende des 19. Jahrhunderts ging man im Lausitzer Braunkohlenbergbau zunehmend zur Förderung im Tagebaubetrieb über. Dies zog auch eine grundlegende Veränderung in der Belegschaftszusammensetzung nach sich. Das Interesse an ausgebildeten Bergleuten sank und die Unternehmen konzentrierten sich jetzt auf die Herausbildung eines festen Arbeiterstamms. Denn dieser versprach nicht nur höhere Arbeitsleistungen, sondern garantierte auch einen unfallfreien und sicheren Arbeitsablauf. Es kam nun zu einer Polarisierung der Belegschaft - eine gut eingearbeitete Stammbelegschaft auf der einen und heimische oder ausländische Hilfs- und Wanderarbeitern auf der anderen Seite. Bei

    
Blick über die Kolonie "Marga" zu den Brikettfabriken "Marga I und II"
 
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der Schaffung von Stammbelegschaften waren die Wohlfahrtsleistungen, insbesondere der Werkswohnungsbau der Unternehmen von besonderer Bedeutung. Hohe Wohnqualität bei geringer Miete und die unmittelbare Nähe zu den Werksanlagen machten die Wohnungen bei den Beschäftigten sehr begehrt. Die Koppelung von Arbeits- und Mietvertrag brachte die Mitarbeiter jedoch in eine starke Abhängigkeit vom Unternehmen - wer seine Arbeit verlor, der verlor auch seine Wohnung. Die Werkswohnung war damit ein wesentliches Mittel der Disziplinierung der Beschäftigten.
Die Siedlungen, die in diser Zeit entstanden, zeichnen sich durch eine hohe architektonische und gestalterische Qualität aus. Unter dem Eindruck, der zeitgleich sehr intensiv geführten Diskussion um den Arbeiterwohnungsbau und beeinflusst durch die Bemühungen der Deutschen Gartenstadtgesellschaft und des Deutschen Werkbundes um eine Reform des Wohnens entstanden auch in der Lausitz mehrere qualitätvolle Großsiedlungen. Charakteristisch für diese Kolonien ist die großzügige Bebauung mit Mehrfamilienhäusern in verschiedener Form und Größe durch renommierte Architekten. Städtebaulich sind die Anlagen durch geschwungene Straßenführungen, starke Durchgrünung mit öffentlichen und privaten Grünflächen und durch eine Zwitterstellung zwischen ländlichem und städtischem Lebenskonzepten bestimmt.

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Arbeitersiedlungen 2